
Schwarz auf Weiß
27.06.2008„Es brennt lichterloh“
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Hessens Politiker und Wohlfahrtsverbände lehnen die Einschnitte abVon Pitt von Bebenburg
Hessen gegen Berlin – so kann man die Reaktionen auf die Einschnitte zusammenfassen, die freie Träger bei ihren Programmen zur Förderung Benachteiligter auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt hinnehmen müssen. Nicht nur die Landesregierung, sondern auch Wohlfahrtsverbände und mehrere Landtagsparteien wandten sich am Donnerstag gegen die Politik von Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) und der Bundesagentur für Arbeit.
„Es brennt lichterloh. Wir können nicht zulassen, dass dieser Brand weiter um sich greift“, sagte Caritas-Direktor Peter Deinhart als Sprecher der „Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen“. Die Beschlüsse auf Bundesebene verhinderten die Fortsetzung von Landesprogrammen in Hessen. Das treffe „die Schwächsten der Armen“. Von einer „Katastrophe“ sprach Renate Lang vom Diakonischen Werk in Hessen und Nassau. Die Streichung von maßgeschneiderten Kursen für junge Migranten oder allein erziehende Mütter, die den Sprung in Ausbildung oder Arbeit sonst nicht schaffen würden, „kann nicht gewollt sein“.
Ausschreibung kritisiert
Die Verbände kritisieren auch, dass Programme zur Förderung Benachteiligter unter mehreren Bewerbern ausgeschrieben werden sollen. Das halte freie Träger davon ab, innovative Konzepte auszuarbeiten, weil andere Einrichtungen die Idee möglicherweise billiger anbieten könnten, sagte Gila Gertz vom Paritätischen Wohlfahrtsverband.
Die Wohlfahrtsverbände lobten Sozialministerin Silke Lautenschläger (CDU) dafür, dass sie sich in einem Brandbrief an Bundesminister Scholz für die Fortsetzung der Kurse einsetze. Man sei über das Schreiben „sehr dankbar, weil er genau unsere Problemen aufgreift“, sagte Gertz. In dem Brief (siehe Wortlaut) warnt Lautenschläger vor den Einschnitten, „da sonst unsere Bemühungen um die Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit und Ausbildungsmangel in diesem Jahre erheblich gestört würden“. Rund 1300 Ausbildungs- und Qualifizierungsplätze dürften sonst nicht mehr vom Land mitfinanziert werden.
Die Grünen hatten bereits im Mai einen entsprechenden Antrag in den Landtag eingebracht. „Die Erfahrung im Umgang mit ‚schwierigen‘ Zielgruppen ist eine kommunale Stärke, die nicht aufgegeben werden darf“, heißt es darin. Im Landtag gibt es eine Mehrheit aus CDU, FDP und Grünen für diese Position. Das war bei der Abstimmung im Sozialausschuss deutlich geworden. SPD und Linke hatten sich enthalten. Die SPD nahm dabei offenbar Rücksicht auf ihren Parteifreund Olaf Scholz. Denn in der Sache stimmt SPD-Sozialpolitikerin Petra Fuhrmann den Anderen zu. Die Berliner Politik sei „problematisch“, weil damit der „rettende Strohhalm für schwierige und oft aussichtslose Fälle“ verloren gehen könne, sagte sie im Landtag. Kommentar R6