
Schwarz auf Weiß
03.11.2017Kreis Groß-Gerau: Kommunales Jobcenter - Schulung zum Umgang mit psychisch Erkrankten
Verständnis für Ausnahmesituationen

Das Kommunale Jobcenter Kreis Groß-Gerau schult dieser Tage seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Umgang mit psychisch erkrankten Kundinnen und Kunden, die Leistungen nach dem SGB II erhalten. Besonders Menschen, die von Leistungen nach dem SGB II leben müssen, leiden laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sowie der Universität Halle-Wittenberg unter psychischen Erkrankungen. Von allen Beziehern von Arbeitslosengeld II waren 36,7 Prozent davon betroffen.
Das Jobcenter des Kreises hat den besonderen Bedarf erkannt und sensibilisiert die eigenen Mitarbeitenden, damit sie die Bedürfnisse der kranken Erwerbslosen besser erkennen. Erster Kreisbeigeordneter Walter Astheimer lobt diesen Schritt: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kommunalen Jobcenters stehen immer wieder vor der besonderen Herausforderung, auch psychisch kranken Kunden gerecht zu werden. Daher ist es wichtig, dass sie darauf gut vorbereitet sind.“
Es besteht eine Wechselwirkung zwischen Erwerbslosigkeit und psychischen Problemen, wobei letztere sowohl Ursache als auch Folge sein können. Menschen mit psychischen Einschränkungen sind bei ungewohnten Belastungen in besonderem Maße von Krisen bedroht. Psychische Erkrankungen verlaufen zudem vielfach in Phasen. Das heißt, stabile Phasen mit hoher persönlicher Kompetenz wechseln sich mit Phasen der Krise ab, in denen viele dieser Kompetenzen verloren gehen.
Um sich vertiefend mit der Thematik auseinanderzusetzen, bietet das Zentrum für Trauma- und Konfliktmanagement (ZTK) mit Sitz in Köln die Schulungen im Jobcenter an. Finanziert werden sie aus Mitteln des Ausbildungs- und Qualifizierungsbudgets des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration.
In den zweitägigen Schulungen erhalten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kommunalen Jobcenters sowie des Kreises Groß-Gerau, insbesondere aus dem Jugendamt und der Sozialen Sicherung, einen Überblick über Krankheitsbilder, lernen Unterschiede zwischen organischen psychischen Störungen und neurotischen Störungsbildern kennen, gehen Fallbeispiele durch und entwickeln Handlungskonzepte anhand von Rollenspielen.
Diplom-Psychologe Thomas Weber, der ZTK-Geschäftsführer ist, sieht gerade bei der Jobcenter-Kundschaft einen hohen Bedarf an Einfühlungsvermögen von Seiten der Beraterinnen und Berater: „Bei manchen Leistungsempfängern stellt allein der Gang zum Jobcenter schon eine erhebliche psychische Belastung dar. Es ist wichtig, eine psychische Erkrankung als solche zu erkennen und diese Menschen zu stabilisieren - sei es durch eine Vermittlung oder den Hinweis auf Hilfen im Gesundheitswesen.“
Wichtig ist, dass die Teilnehmenden für die Thematik sensibilisiert werden, Handlungsempfehlungen erhalten und lernen, sich abzugrenzen. Ziel ist nicht, dass die Mitarbeiter/innen eigene Diagnosen stellen, sondern dass sie fachliche Sicherheit bei der Zuweisung zu spezifischen Maßnahmen erhalten. Nur so kann es gelingen, Menschen mit psychischen Erkrankungen effektiv zu fördern.